Lehrer stehen oft vor Herausforderungen wie Ablenkung, Unruhe und mangelnder Disziplin ihrer Lernenden. Diese Probleme führen zu verhärteten Fronten und gegenseitigen negativen Wahrnehmungen, die eine produktive Zusammenarbeit erschweren. Viele Lehrkräfte empfinden sich eher als Aufseher denn als Lernberater, da Störungen in ihren Augen den Unterricht dominieren. Die Aussage „Störungen haben Vorrang“ unterstreicht jedoch, dass diese meist auf tieferliegende Ursachen hinweisen, die beachtet werden sollten.
In der erwachsenendidaktischen Forschung hat sich der Blick auf Störungen gewandelt: Sie werden nicht länger nur als Hindernisse, sondern auch als Ausdruck subjektiver Deutungsmuster verstanden. Störungen und Abneigungen zeigen oft, dass sich Lernende überfordert oder nicht berücksichtigt fühlen. Kluge Lehrkräfte erkennen diese Dynamik und reagieren mit individualisierten, unterstützenden Methoden, die Überforderung abbauen und die Lernenden in ihrem Prozess begleiten. Dadurch wird Selbstwirksamkeit gefördert und Widerstand produktiv in den Lernprozess integriert.
Eine reflektierte Lehrpraxis erkennt, dass vorschnelle Zuschreibungen von Lehrenden selbst Widerstände verstärken können. Stattdessen gilt es, Störungen behutsam zu analysieren und alternative Lernmöglichkeiten anzubieten, die den Bedürfnissen der Lernenden gerecht werden. Diese Haltung eröffnet Wege zu einer Lernkultur, in der nicht starre Bildungsinhalte, sondern individuelle Wahlmöglichkeiten im Mittelpunkt stehen. So können Störungen in konstruktive Lernerfahrungen umgewandelt werden.
Persönlich habe ich mehrfach diese Regel angewendet, um zwar störende aber durchaus kompetente SuS “aus der Reserve“ zu locken. Ich bitte sie einfach, selbst einen Vorschlag oder auch einen alternativen Lösungsvorschlag zu bringen. Weiters bin ich gern bereit, auch mehr Freiheiten wie zB Kopfhörer bei kreativen Eigenarbeiten zuzulassen, wenn dadurch Ruhe herrscht und das Ergebnis der jeweiligen Arbeit besser wird.