Regel 15 empfiehlt Lehrern sich aus ihrer traditionellen Rolle als reine Wissensvermittler lösen und stattdessen als Begleiter zu agieren. Ziel ist es, Lernenden ihre Verantwortung für den eigenen Lernprozess zurückzugeben und sie aus der "gelernten Abhängigkeit" zu führen.
Die Idee dabei ist, dass der Mensch von Natur aus lernfähig ist. Er wird aber durch geregelte Bildungssysteme, welche Abhängigkeit und Passivität fördern, zu einer erlernte Hilflosigkeit statt zu einem eigenverantwortliche Lernen geführt.
Die neue Rolle des Lehrenden sollte "Gerüstbauer und Steinbruchverwalter" sein: er soll Strukturen und Lernumgebungen schaffen (Gerüste) in denen sich die Lernenden selbst Materialien und Ressourcen (Steinbruch) bedienen. Der Fokus verschiebt sich von direkter Instruktion hin zu einer indirekten Begleitung. Die Lehrkraft ist nicht passiv, sondern gestaltet gezielt Rahmenbedingungen, die die Lernenden zum eigenständigen Handeln anregen.
Der Psychologe Carl R. Rogers zeigt dabei mit Vertrauen in die Lernfähigkeit der Menschen wie einem als "Scaffolding" bezeichneten Ansatz dies gelingen kann:
- Struktur: Ich biete den Lernenden klare Strukturen an und erkläre ihnen, welche Lernaufgaben anstehen und erledigt werden müssen.
- Coaching: Ich beobachte achtsam, wie die Lernenden sich selbstständig mit den Aufgaben auseinandersetzen, und berate ihren Lernprozess.
- Angebote: Ich konzentriere meine Vorbereitung stets auf die Bereitstellung vielfältiger Möglichkeiten, sich den Gegenstand anzueignen.
- Fragen: Ich achte darauf, dass meine Fragen zur selbstständigen Erschließung anstiften und vermeide Informations(ab)fragen.
- Fördern: Ich entwickle spezielle Übungen und Vertiefungsaufgaben für die unterschiedlichen Lernschwierigkeiten, die auftreten.
- Offerieren: Ich lade ein und erzeuge Spannung, indem ich mich darum bemühe, an den Erfahrungen und Fragen der Lernenden anzuknüpfen.
- Lassen: Ich gebe ausreichend Zeit und lasse auch eigene Wege, Themen und Vertiefungen zu, die von den Lernenden gewünscht werden.
- Dosieren: Ich achte auf meinen Redeanteil und versuche, diesen niedrig zu dosieren.
Diese Pädagogik setzt auf die Selbstverantwortung der Lernenden und deren Fähigkeit, eigenständig Wissen zu erwerben. Die Lehrenden schaffen die Strukturen und Materialien, die dafür notwendig sind, und begleiten den Lernprozess als Unterstützer und Berater. Durch diese Herangehensweise wird Bildung nicht nur effektiver, sondern auch nachhaltiger und motivierender.
Eigenes Fazit:
Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass ich vom Lernen, welches intrinsisch motiviert aus mir selbst kommt, auf meiner eigenen Neugier fusst, am meisten profitiert habe. Um so mehr, als dass ich in der Wahl der Mittel zum Wissensgewinn frei sein konnte. Allerdings, kenne ich auch von mir selbst Fachgebiete, denen ich keine hohe Affinität entgegenbrachte und bei denen solch ein freie "laissez-faire" Ansatz eher Frust als Gewinn bedeutet. Ich zweifle sehr stark, dass ein allgemeiner Ansatz für alle Fächer für alle SuS sein kann.